Hilfe

Pathologisches Glücksspielen – oder, umgangssprachlich, Glücksspielsucht – ist die einzige wissenschaftlich anerkannte stoffungebundene Abhängigkeitserkrankung. Lange wurde sie als „Störung der Impulskontrolle“ betrachtet. Dann jedoch zeigten sich in wissenschaftlichen Untersuchungen mehr und mehr Gemeinsamkeiten zwischen dem Pathologischen Glücksspielen und anderen Abhängigkeitserkrankungen. Die Ähnlichkeit zu anderen Suchterkrankungen zeigte sich auch darin, dass suchtspezifische Behandlungsstrategien bei Pathologischem Glücksspielen wirksam waren.
Aus diesem Grund wurde das Pathologische Glücksspielen als erste und bisher einzige Verhaltenssucht in das DSM-5 aufgenommen. In das ICD-10 hat diese Bewertung des Pathologischen Glücksspielens als Verhaltenssucht noch keinen Einzug gehalten, auch wenn die Betrachtung der glücksspielbezogenen Störung als Verhaltenssucht von suchtwissenschaftlicher Seite befürwortet wird. Der umgangssprachliche Begriff „Glücksspielsucht“ beschreibt die Erkrankung also eigentlich sehr treffend.

Auch die Spitzenverbände der Krankenkassen in Deutschland erkennen die Glücksspielsucht als Abhängigkeitserkrankung an. Dies ermöglicht für Betroffene den Zugang zu spezifischen Leistungen in der medizinischen Rehabilitation. Zudem stehen eine Vielzahl an sozialen Unterstützungsmöglichkeiten im Hilfesystem, wie zum Beispiel Psychosoziale Beratungsstellen (PSBS) und Selbsthilfegruppen, zur Verfügung.

Fachkliniken

Eine Behandlung von Glücksspielsüchtigen kann auch in einer Fachklinik stationär durchgeführt werden. Die Vermittlung erfolgt über eine Suchtberatungsstelle. Die Therapiedauer beträgt zwischen 8 und 12 Wochen. Neben der ausführlichen Diagnostik werden die Therapieziele definiert, die der Glücksspielsucht zugrunde liegenden Hintergründe, Zusammenhänge und Verhaltensmuster bearbeitet, Problemlösungsstrategien erarbeitet und trainiert, wird die Selbstkontrolle gefestigt und wird man auf die Zeit nach dem Klinikaufenthalt vorbereitet. Der Umgang mit den Schulden und die Angehörigenarbeit stellen ebenfalls Schwerpunkte in der stationären Therapie dar.

Ambulante Rehabilitation von pathologischen Glücksspieler*innen

Mehr zum Thema

Voraussetzungen für eine Behandlung in ambulanten/stationären Rehabilitationseinrichtungen

Deutsche Rentenversicherung

Empfehlungen für die medizinische Rehabilitation bei Pathologischem Glücksspielen

Psyhosoziale Beratungsstellen (PSBS)

Psychosoziale Beratungsstellen, früher Suchtberatungsstellen, gehören zu den wichtigsten und häufig ersten Anlaufstellen für Betroffene. Die Tätigkeit von Beratungs- und Betreuungsstellen für Suchtgefährdete und abhängige Menschen wird als „ambulante Suchthilfe“ bezeichnet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten grundsätzlich kostenfrei und vertraulich, unterstützen bei der Erarbeitung von Lösungswegen und vermitteln, wenn nötig, in weiterführende Hilfeangebote. Unter Berücksichtigung biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren unterstützen die Fachkräfte Menschen mit glücksspielbezogenen Störungen auf dem Weg aus der Sucht und hin zu gesellschaftlicher Teilhabe. Hilfe gibt es in den Thüringer Beratungsstellen nicht nur für Glücksspieler*innen selbst, sondern auch für deren Angehörige.

Auf der Grundlage einer Anerkennung durch den Kostenträger dürfen einzelne Beratungsstellen die Möglichkeit zur ambulanten Rehabilitation von pathologischen Glücksspieler*innen anbieten. In Thüringen hat bisher lediglich das Beratungszentrum für Glücksspielsucht in Erfurt diese Anerkennung erhalten. Es führt ambulante Rehabilitation im Sinne der Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger für die medizinische Rehabilitation bei Pathologischem Glücksspielen vom März 2001 durch. Dies geschieht im regionalen Behandlungsverbund mit den psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstellen Weimar, Gotha und Sömmerda der SiT-Suchthilfe in Thüringen GmbH.

Mehr zum Thema

Dokumentation »Pathologische Glücksspieler*innen in der ambulanten Thüringer Suchthilfe«

Statistische Erhebung der Thüringer Fachstelle GlücksSpielSucht

Beratungszentrum für Glücksspielsucht

der SiT – Suchthilfe in Thüringen gGmbH

Mindeststandards der ambulanten Suchthilfe

Grundlage der Arbeit in einer PSBS sollte ein Beratungs- und Behandlungskonzept sein, dass wissenschaftlich fundierte Erklärungsmodelle beinhaltet. Zudem sollten die Rahmenbedingungen und die konzeptionelle Ausrichtung den Zugang zur Beratungsstelle möglichst vereinfachen.

Folgende Beratungsprinzipien markieren wesentliche Standards in der ambulanten Suchthilfe:

  • Anonymität der Betroffenen, falls gewünscht
  • Vertraulichkeit der Besprechungsinhalte
  • Kostenfreiheit der Beratungsangebote
  • Vermittlung von weiterführenden Hilfen

Mehr zum Thema

Mindeststandards der ambulanten Suchthilfe – Hrsg. Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.V.

Methodische Prinzipien der psychosozialen Beratung und Behandlung

Die psychosoziale Beratung und Behandlung bedarf der Kenntnis und Handhabung qualifizierter Methoden, z.B. der Gesprächsführung. In diesem Zusammenhang lassen sich die folgenden zentralen Prinzipien benennen:

Akzeptanz

Eine akzeptierende Haltung gegenüber der Person (Klient / Klientin) und der jeweiligen sozialen Situation ist eine zentrale Voraussetzung, um eine fachlich begründete Beratungs- bzw. Hilfebasis überhaupt entwickeln zu können.

Ganzheitlichkeit des Hilfeansatzes

Die psychosozialen Problemlagen der Zielgruppen im ambulanten Bereich der Suchthilfe sind sehr vielschichtig. Daher müssen im Bedarfsfalle sowohl das gesamte Spektrum sozialer und persönlicher Hilfen vorgehalten werden, als auch weiterführende Hilfen – im Sinne einer verbindlich praktizierten Kooperation und Vernetzung – vermittelt werden können.

Orientierung an der Veränderungsbereitschaft

Die Orientierung an der Veränderungsbereitschaft ist eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung von adäquaten Hilfeangeboten für die jeweiligen Zielgruppen und die Initiierung entsprechender Interventionsprozesse. Die Motivationsbasis für die Veränderungsbereitschaft gilt es während des Beratungs- bzw. Hilfeprozesses – vor allem aufgrund der offenen Struktur im ambulanten Bereich – immer wieder zu überprüfen und die Intervention entsprechend zu modifizieren.

Vereinbarungen von Grenzen im Hilfeprozess

Die offene Struktur im ambulanten Bereich erfordert – stärker als im institutionellen Rahmen der medizinischen Rehabilitation – die Definition, Vereinbarung und Einhaltung bestimmter Grenzen im Hilfeprozess. Die Fachkräfte schützen sich dadurch vor einem „Allzuständigkeits-Anspruch“ der Leistungsträger- bzw. Kostenträger und vor unangemessenen, die erforderliche Distanz und Fachlichkeit verletzenden Ansprüchen seitens der Klientel. Dies ist notwendig, um zu vermeiden, erst in Konfliktsituationen die Grenzüberschreitungen reklamieren zu müssen.

Vertraulichkeit der Besprechungsinhalte

Fachliche Basis der Beratungsarbeit ist ein spezifisches gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Der rechtliche Rahmen ist im Außenverhältnis einseitig durch die Schweigepflicht hinsichtlich der Vertraulichkeit der Besprechungsinhalte der Fachkraft (§ 203 StGb) bestimmt. Diese ist zusätzlich im Beratungskontext mit Betäubungsmittelabhängigkeit in staatlich anerkannten Beratungsstellen durch ein Zeugnisverweigerungsrecht (gemäß § 53 StPO) erweitert. Das Vertrauensverhältnis ist notwendig, um inhaltlich zu einer Vereinbarung der gegenseitigen Information über alle für den Beratungsprozess relevanten Inhalte zu kommen, damit der Beratungsprozess gemäß dem Anspruch ganzheitlicher Hilfe entwickelt und ggf. korrigiert werden kann.

Teamarbeit / Supervision

Aufgrund der Spezifik der Einzelfallarbeit, die sich in der Regel in einer direkten Kontrolle durch Dritte entzieht, ist die Eingebundenheit in Fallbesprechungen im Team zur Entwicklung und Überprüfung einzelfallangemessener sozialer und persönlicher Hilfen unerlässlich. Die Bestimmung eines jeweils einzelfallangemessenen Distanz-Nähe-Verhältnisses macht nicht nur die Einbindung der Fachkraft in die Teamarbeit erforderlich, sondern bedingt auch eine regelmäßige externe Team- und Fall-Supervision.

Quelle: fdr+ e.V. (Hrsg.), Standards im Verbundsystem der Suchtkrankenhilfe, S.25 – 27, 1997

Mehr zum Thema

Manual und Materialsammlung für die Beratung pathologischen Glücksspielverhaltens

www.blsev.de

Selbsthilfegruppen

Selbsthilfe ist als ein Prinzip zu verstehen, dass die Selbstheilungskräfte in einem entwicklungsfördernden Milieu aktiviert. Demgemäß sind Selbsthilfegruppen wichtige Anlaufstellen für Betroffene. In diesen Gruppen schließen sich Menschen zusammen, die eigenverantwortlich ihre erkrankungsbezogenen Probleme lösen wollen.

Bundesweit gibt es über 200 registrierte Selbsthilfegruppen von Glücksspielsüchtigen bzw. deren Angehörigen und zahlreiche Plattformen und Foren in den sozialen Medien.

Suchtreferentenstelle zur Verbesserung der Nachsorge/ Selbsthilfe von Glücksspielsüchtigen

Mit dem 01. Januar 2017 wurde beim Fachverband Glücksspielsucht e.V. (FAGS) eine Suchtreferent*inenstelle eingerichtet, zu deren Aufgabenfeld die bundesweite Begleitung, Unterstützung, Erweiterung, Vernetzung und Koordinierung der Glücksspielendenselbsthilfe zählen. Unter anderem finden sich die Telefonberatung für Gruppenleiter*innen oder die Initiierung von Ehemaligentreffen an den Fachkliniken im Angebotsspektrum.

Mehr zum Thema

Selbsthilfegruppen in Thüringen

Projektvorstellung Suchtreferent

www.gluecksspielsucht.de/selbsthilfe/

Gamblers Anonymus

Die Anonymen Spieler (Gamblers Anonymus) verstehen sich als Gemeinschaft von Menschen, die durch Einstellungs- und Charakterwandel Spielabstinenz aufrechterhalten und Rückfälle vermeiden wollen. Im Jahr 1957 fand das erste Meeting in den USA statt. Die Selbsthilfevereinigung ist stetig gewachsen, so dass sich auch in Deutschland seit dem Anfang der 1980er Jahre zahlreiche Gruppen nach amerikanischem Vorbild gründeten. Sie arbeiteten ähnlich wie die Anonymen Alkoholiker (AA) nach einem 12-Schritte-Programm und absolut unabhängig von anderen Organisationen. Aus diesem Grund finden Sie hier keine Verlinkung zur Internetpräsenz der Anonymen Spieler in Deutschland.

Lotsennetzwerk

Lotsinnen und Lotsen sind suchterfahrene Menschen, die selbst oder als Angehörige die akute Phase einer Abhängigkeit überwunden haben. Sie können Vorbild und Hilfe für andere Betroffene sein. Lotsinnen und Lotsen begleiten Abhängigkeitserkrankte ehrenamtlich auf ihrem Weg aus der Sucht und unterstützen sie bei der Suche nach passenden Hilfeangeboten, wie beispielsweise einer Selbsthilfegruppe oder einer Suchtberatungsstelle. Lotsinnen und Lotsen, die als Angehörige von Suchterkrankungen betroffen sind, begleiten andere Angehörige, denn Abhängigkeit verändert auch das Leben von Familienmitgliedern und Freund*innen der Betroffenen.

Lotsinnen und Lotsen arbeiten mit Fachkräften der Suchthilfe, Psychiatrie, Akutmedizin und anderer Hilfebereiche zusammen, um einen breiten Zugang zu angemessenen Hilfeangeboten jederzeit zu ermöglichen.

Beim Lotsennetzwerk Thüringen erfahren Sie, wie Sie in einem Lotsennetzwerk mitwirken und wie Sie mit einem Lotsin oder einem Lotsen in Kontakt treten können.

Koordinierungsstelle bundesweiter Lotsennetzwerke

www.lotsennetzwerk.de

Marina Knobloch
Dubliner Str. 12
99091 Erfurt
E-Mail: knobloch@fdr-online.info
Telefon: 0361 3461746

Lotsennetzwerk Thüringen

Claudia Seidel
Dubliner Str. 12
99091 Erfurt
E-Mail: lotsennetzwerk@googlemail.com
Telefon: 0361 3461746 • Mobil: 0162 6175516

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